Donnerstag, 11. Juli 2024

Coffee Boxx

Moltkestraße 44, Juli 2024

 

Stadtgarten Pelikane

Stadtgarten Pelikane
Wasservögel auf dem Standtgartensee, Juni 2024

 

Baum und der Denkende

KIT Campus Süd, Engesserstraße, Juni 2024

Manchmal hilft es enorm, Abstand zu nehmen und die Dinge aus der Distanz zu betrachten. Beim Zeichnen erfährt man diese Lebensweisheit sehr intensiv. Ich gehe also einige Schritte zur Seite und schau mir den Denkenden aus etwa zehn Metern Entfernung an und sketche. Jetzt kommt mehr als die Skulptur die Umgebung der Skulptur aufs Bild. Und das ist vor allem... Baum! Es ist Juni. Die Bäume tragen volles Blattwerk. Ich zeichne also den Baum, der sich als riesiger Partner zur Skulptur von Karl-Heinz Krause gesellt, habe aber mit Blattwerkdetails meine Schwierigkeiten, weshalb ich - um die dicht gewachsene Baumkrone darzustellen - zum zerstampften Grafitstaub greife und ihn ausgiebig mit den Fingern übers Papier verschmiere. Macht irre Spaß. Kann ich nur empfehlen. Einfach alte, abgebrochene Bleistiftminen sammeln, mit Stößel im Mörser zerdrücken und rauf damit aufs Papier. 

Manchmal hilft es enorm, Abstand zu nehmen und die Dinge aus der Distanz zu betrachten. Manchmal. Während ich so eifrig mit meinen silbern schillernden Fingerspitzen und Fingerrücken und Daumenballen über Papier schmiere, und zwar in der bemühten Absicht, die vielen, vielen Blätter des Baumes grafisch expressiv darzustellen, bemerke ich, dass das, was da auf meinem Papier entsteht mehr so eine graue, schwere, depressive Wolke ist. War so vor wenigen Sekunden noch gar nicht vorgesehen, kommt jetzt aber wenige Sekunden später passend und cool rüber. Der Denkende umgeben von schwermütigem Grafitgeschmiere. 

Freitag, 21. Juni 2024

Stone Flowers im Kulturzentrum Tempel

Jazzpianist Benjamin Schaefer mit seinem Quartett, Juni 2024
 
Alles, was mit Steinblumen zu tun hat

Auf Einladung des Jazzclub Karlsruhe begeisterten Pianist Benjamin Schaefer und seine Quartettformation 'Stone Flowers' das Publikum im Karlsruher Kulturzentrum Tempel mit klangfarbenreichen Eigenkompositionen.

Ein ruhiges, cooles Intro vom E-Piano stand am Anfang. Im weichherzigen Rhodes-Sound suchen sich die Töne nachdenklich über die Tasten, bis die Bassposaune mit einem gelassenen Solo einsteigt und dann entsprechend von der Flöte abgelöst wird, um sich schließlich gemeinsam in wunderschönen Melodiebögen zu verfangen – durchweg begleitet vom gediegenen Schlagzeug à la Bossa Nova. Benjamin Schaefer und sein Quartett „Stone Flowers“ klingen magisch, ihre Arrangements sind ausgewogen und einfallsreich und sie liefern im besten Sinne soliden, vor allem aber einfühlsamen Jazz. Davon konnte man sich am Donnerstag Abend beim Konzert mit etwa 50 Zuhörern im Kulturzentrum Tempel überzeugen. Der Jazzclub Karlsruhe hatte Schaefers Auftritt programmiert. Obwohl erst im letzten Jahr neu fertig gestellt, kann der Jazzclub im Passagenhof derzeit nicht als Spielstätte genutzt werden, denn es ist dort schon wieder Baustelle. Die Toiletten müssen saniert werden. Also ging es – wie die Jahre zuvor so oft – an den Ausweichort in Karlsruhe-Mühlburg. Gewohnterweise ein Glücksfall, denn die Akustik im Saal mit dem alten Ziegelgemäuer passt bestens, ist weder zu trocken, noch hat sie zu viel Hall.

Der 1981 in Braunschweig geborene Schaefer hat bereits in verschiedenen Formationen gespielt, von der Bigband bis zu Kleinstbesetzungen. Für die „Stone Flowers“ hat er sich musikgeschichtlich nach dem Motiv der Steinblumen umgehört und ist fündig geworden. Jener erste Titel des Konzertabends war eine eigene Komposition und eine Hommage an den 1994 verstorbenen brasilianischen Sänger, Komponisten und Mitbegründer des Bossa Nova Antônio Carlos Jobim. Auf dessen Album „Andorinha“ nämlich findet man ein Stück namens „Stone Flower“, das Schaefer für die Besetzung und die faszinierende Klangfarbe seines Quartetts – die „Stone Flowers“ im Plural – inspirierte.

Wunderbar runde und warme Klangfarbe etwa kam von der Bassflöte, ein sowohl in Jazz als auch Klassik viel zu selten gehörtes Instrument. Michael Heupel wechselte die Querflöten von Titel zu Titel, spielte sich hinunter bis zur über eineinhalbmeterlangen, an ein U-Boot-Periskop erinnernde Kontrabassflöte, die er in perkussiver Artikulation auch als pointierte Akzentgeberin nutzte. In der Trilogie „Spirals“ – drei Stücke, die sich auf Strukturbildungen beziehen, die in Naturphänomenen zu beobachten sind – kam die vielseitige Klangwelt bestens zur Geltung. Kurzfristig für den erkrankten Jan Schreiner eingesprungen war Tobi Herzog an der Bassposaune, die sich oftmals – und anders, als man erwarten würde – mit hellen Klangfarben zur Flöte gesellte. Finn Wiest am Schlagzeug hielt rhythmisch alles gut beisammen und Benjamin Schaefer selbst musizierte „seine Kompositionen“ am E-Piano mit viel empfindsamer Aufmerksamkeit, immer im Wechsel zwischen notierter Musik und freier Improvisation. Kompositorisch ist Schaefer quasi mit der Schere rangegangen, hat etwa Motive rausgeholt aus der „Geschichte der Steinblume“, einer Ballettmusik des russischen Komponisten Sergej Prokofjew. Die Versatzstücke werden dann durch variiert, ebenso die Harmonik, die gerne frei die Skalen durchwandert und sich nicht lange an einem Grundton festhält. Prokofjew hört man dabei nicht mehr heraus, aber einen wunderschönen, zeitgemäßen Jazz. Darum geht es ja schließlich.

Die „Stone Flowers“ machen erlesene Kunst. Zielgruppe ist sicher nicht das Massenpublikum, eher neugierige Jazzliebhaber und Kenner. Ihr Konzertprogramm und die Titel haben die „Stone Flowers“ aufgenommen und eine kultige – nicht schwarze, sondern rosarote – Vinyl-LP produziert, was Benjamin Schaefer am Abend nicht ohne Stolz präsentierte. Zielgruppe hier: Fans mit Plattenspieler. Ob die Formation langfristig bestehen bleibt, wird sich zeigen. Falls ja, sollten sie unbedingt nochmals nach Karlsruhe kommen. Dann aber in den Jazzclub mit renoviertem Sanitär.

Donnerstag, 20. Juni 2024

Nottinghamanlage

Zwischen Kaiseralle und Sophienstraße, Karlsruhe-Weststadt Juni 2024

 

Dienstag, 4. Juni 2024

Bronzeskulptur am KIT

"Der Denkende" von Karl-Heinz Krause, Juni 2024

Studieren und Depression haben liegen eng beieinander. Wer's nicht glaubt: Faust von Goethe lesen, vor allem die Szene im Studierzimmer. Da klagt der gelehrte Faust, dass er so viel gelernt hat, dadurch aber nicht glücklich geworden ist. Mehr noch: Er ist schwermütig, hängt einer geradezu kulturell seit Albrecht Dürers Meisterstich traditionsreichen Melanchoie hinterher, die er dann mit Mephistopheles Hilfe - was das Stück ja spannend macht - umzuwandeln versucht in Event, Erlebnis und Ereignis. Gepaart mit toxischer Männlichkeit lässt Faust seine gewonnene Energie unter anderem an der unschuldigen Margarete, die er schwängert, - - - aus. (Ich liebe Fermaten vor der rechten Satzklammer) 

Auf dem KIT-Campus steht eine Bronzeskulptur des deutschen Bildhauers Karl-Heinz Krause aus dem Jahr 1967. Sie heißt "Der Denkende". Ich habe sie 2015, als Karlsruhe den großen Stadtgeburtstag feierte, schon einmal gezeichnet. Die deprimierte Körperhaltung, die die Skulptur zeigt, hat mir gut gefallen. Das biss sich damals ganz gehörig mit dem Public-Relation-Rummel rund um den Stadtgeburtstag. Die Action dazu fand wenige Meter von der Skulptur entfernt am Schloss und im Karlsruher Schlossgarten statt. Da wirkte so ein krummer, abgedünnter Bronzemann auf mich wie ein aus der Zeit gefallener Kontrapunkt. Heute - mein Gott! - neun Jahre später habe ich die Skulptur nocheinmal gesketcht. Und es waren mehr Gedanken, die mir dabei durch den Kopf huschten, als Striche übers Papier des Skizzenbuchs - - - (Fermate, rechte Satzklammer leer).

Ich will (später, bei Gelegenheit) versuchen, die Gedanken zu sortieren und zu formulieren. Doch zuvor nur noch der Hinweis, dass mich Krauses Skulptur nicht so gerührt hätte, wenn sie "Der Depressive", "Der Trauernde" oder ähnlich hieße. Die Titel wären vielleicht durchaus auch treffend. Aber "Der Denkende" spannt den Bogen weiter, unter anderem zu Goethes Faust und zur Gewissheit, dass Studieren und Depression haben eng beieinander liegen.  

Donnerstag, 16. Mai 2024