Dienstag, 9. April 2024

Bruno Jonas: "Meine Rede"

Vorstellung Neureut Badnerlandhalle am 5.4.2024

Zeichen setzen kommt immer gut

Lustige Pointen und intelligente Satire lieferte am Freitagabend in der gut besuchten Badnerlandhalle in Karlsruhe-Neureut der renommierte Kabarettist Bruno Jonas. In seinem Programm „Meine Rede“ nimmt der 72-Jährige in gewohnter Weise die aktuelle politische Lage aufs Korn.

Mit dem Handy am Ohr kommt Bruno Jonas auf die Bühne und entschuldigt sich beim klatschend begrüßenden Publikum, dass er eben noch telefonieren müsse. Er sei in der Warteschleife hängen geblieben. Alle lachen. Alle ahnen, was kommt. Er sei froh, dass er „durchgekommen“ sei und müsse jetzt halt „a bisserl“ warten. Bruno Jonas spricht diesen drollig bayerischen Dialekt, schwärmt von der schönen Überbrückungsmusik, die er jetzt ganz gut kenne, weil er ja bereits „a bisserl“ – nämlich 40 Minuten – gewartet habe. Alle lachen. Alle kennen die absurden Situationen mit Telefonoperatoren. „Wenn Sie ein Problem haben, drücken Sie die 3“, zitiert der Kabarettist die Automatenstimme: „Und wenn Sie verarscht werden wollen, drücken Sie die 5.“ Erst sehr viel später nach der Pause erfährt man, was es mit jenem Telefonat auf sich hat. Der Kabarettist wollte seinen Internetanbieter wechseln, was von der Auswahl des passenden Vertragsangebots bis zur Ehefrau, die schließlich die Fritzbox installiert, während sich der Außendienstler auf dem Sofa den Cappuccino schmecken lässt, einer Kommunikationskatastrophe gleichgekommen war. Kommunikation, die ins Stocken gerät, ist das Hauptthema in Bruno Jonas Programm „Meine Rede“. Die erste halbe Stunde wiederholt er vielversprechend, dass es gleich losgehe, während das Rednerpult – angeblich höhenverstellbar je nach Niveau des Redners – lange ungenutzt bereitsteht. Auch die großen Pappbuchstaben, die den Namen „Jonas Bruno“ abbilden, stehen ungenutzt auf der Bühne rum. Etwas abseits ein großes F. „Das ist das heimatlose F“, erklärt der Kabarettist das sprachliche Zeichen und dessen Phonetik. Das F brauche immer ein E als Begleiter. „Sonst ist es nur ein fffff“, flunkert er und mimt Mitleid, dass ihm die buschig grauen Brauen traurig in den Augen hängen. Und dann zählt Bruno Jonas auf, wofür das heimatlose F so alles stünde, für Freude, Freiheit, für Fuck, für Frau – halt für vieles, wenn nicht gar alles, was mit F anfängt. So ist das mit dem sprachlichen Zeichen. Und während der Kabarettist ob dieser semiotischen Selbstverständlichkeit großes Tamtam macht, merkt er beiläufig an, dass heutzutage viele Leute für alles Mögliche Zeichen setzen. Kommt immer gut. Zeichen gegen Rechtsextremismus zum Beispiel. Oder Zeichen für Demokratie. „Das ist okay, weil es schadet ja nicht… also, schadet nicht der Demokratie.“ Bei solcher Pointe klatscht das Publikum nur verhalten. Man hängt dem Gedanken hinterher, dass bei den großen Demos der letzten Wochen vielleicht auch großes Tamtam um eine Selbstverständlichkeit gemacht wurde, nämlich dass wir in der Demokratie leben und leben wollen.

So paart sich bei Bruno Jonas Gesellschaftskritik mit Humor. Er schildert vieles aus dem Blickwinkel eines Biedermanns, der die Welt durchs Fernsehgucken zu Hause wahrnimmt. Dass der Lokführer und Gewerkschafter Claus Weselsky die 35-Stunden-Woche bei der Bahn durchgebracht habe, sei vielversprechend. Jetzt müsse er noch die Null-Stundenwoche für die Außenministerin erzwingen. Letztere nennt Bruno Jonas im vertrauten Wohnzimmerjargon „die Annalena“ und hält ihr vor allem eines zu Gute: „Die sieht toll aus.“ Dass die es den Mullas in Teheran „mal richtig zeigen“ kann, bekommt dabei eine volkstümlich alberne Doppeldeutigkeit. Parteipolitisch gehen die Spitzen in Bruno Jonas Monologen in alle Richtungen. Wie er selbst sinniert, hält er nichts von politischen Zuordnungen nach links oder rechts. „Mir geht’s ums Richtig oder Falsch“, so Jonas und fügt scharfsinnig an: „Schwierig wird es, wenn die Falschen das Richtige sagen.“

Bruno Jonas schaut auf eine lange, erfolgreiche Karriere zurück. In den 1980ern war er Autor bei der Münchner Lach- und Schießgesellschaft, nach dem Millennium ständiger Partner von Kabarettlegende Dieter Hildebrandt in der TV-Sendung „Scheibenwischer“. Manche Gags – das sei nicht verschwiegen – sind Old Style. Wenn es um Gender geht, wirkt Bruno Jonas altbacken. Und wenn er live auf der Bühne sein Comingout als Heterosexueller zelebriert, geht der lautstarke Publikumslacher eher auf Kosten von Schwulen als auf Kosten einer sexuell verklemmten Gesellschaft. Aber sei’s drum. Man kann sich mit Jonas‘ eigener Logik trösten: Manchmal sagen eben auch die Richtigen was Falsches.


 

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