Ev. Stadtkirche Karlsruhe: Konzert ausverkauft! Januar 2023 |
Als er 11 war, musizierte der in Buenos Aires geborene Feidman zum ersten Mal vor der Schulklasse. Deshalb feiert er auf seiner momentanen Tour auch sein 75-jähriges Bühnenjubiläum. Feidman ist eine Legende: Als 18-Jähriger gab er in Südamerika Konzerte, wanderte 1957 nach Israel aus, wo er in Tel Aviv bei den Philharmonikern Orchestermitglied wurde. Das gab er auf, als er 1970 in New York seine Solo-Karriere startete, und zwar mit Klezmer-Musik, die ihn von Kindheit an begleitete. Die hebräische Bedeutung von „Klezmer“ als „Gefäß“ nahm er beim Wort. Feidmans Musik bringt ein hochspannendes Sammelsurium aus jiddischer Folklore, aus Musik der Sinti und Roma, aus Tango, Jazz und natürlich jeder Menge Klassik zusammen. So auch auf seinem 2022 erschienenen Album „Friendship“, von dem er beim Karlsruher Konzert viele Titel präsentierte. Mit dem Gebet „Personal Prayer“ für Solo-Klarinette ging es los. Von tief unten heben sich die Töne in die Höhe, geben in traurigem Moll mit Vorschlägen und Kurztrillern das für den Klezmer typische Schluchzen von sich, um dann in eine zuversichtliche Melodie zu münden. Feidman konzertiert im Sitzen, bläst immer leicht vorgebeugt und etwas eingefallen. Doch so gealtert der Musiker auch sein, so rein und jugendlich klingt sein Spiel. Und mehr noch. Die neuen Stücke sind echte Innovationen, klug arrangiert mit wunderschönen Passagen auch fürs Cello (German Prentki) und die Geige (Piotr Niewiadomski). Zum Einsatz kam am Konzertabend auch ein völlig neuartiges Instrument, ein Cembalo, dessen Tasten mittels Sensorkontakten gesampelte Klangfarben abrufen können. Sergej Techerepanov zauberte damit mal eine schwungvolle Akkordeon-, mal eine innige Vibraphonbegleitung auf die Bühne. Das Ensemble musizierte auf Spitzenniveau, vor allem in der Intonation ganz rein. Das ließ so manche Zuhörer an lyrischen Stellen die Augen schließen. Bei den schwungvollen Liedern, die von Strophe zu Strophe an Fahrt und Tempo aufnehmen, wippten viele Füße im Takt mit. Und bei „Hallelujah“ und „Donna Donna“ wurde mitgesungen – etwas, was Feidman mit zufriedenem Lachen glücklich stimmte. Seine Friedensbotschaft schien angekommen zu sein.
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